19. März 2024

Bakterielle Infektionen an der Hand

Druckversion als PDF Häufig gestellte Fragen Multiresistente Keime Operative Infektionsbehandlung

Eine bakterielle Infektion entsteht durch das Eindringen und die Gewebeschädigung durch die Vermehrung von eiterbildenden („pyogenen“) Bakterien.

Die häufigste Ursache einer bakteriellen Handinfektion ist eine Öffnung der Haut, meist eine offene Verletzung. Die Wunde („Eintrittspforte“) kann dabei ganz geringfügig sein. An der Hand ausgesprochen selten sind Infektionen nach operativen Eingriffen. Extrem selten kommt es durch den Bakterientransport über den Blutweg zu einer bakteriellen Infektion an der Hand.

Häufigste Lokalisation einer eitrigen Infektion der Hand ist der Bereich des Fingernagels. Schon kleine Hautläsionen, etwa bei der Nagelpflege, können dabei das Eindringen der Bakterien ermöglichen.

Eine weitere häufige Ursache für Infektionen an der Hand sind Tierbisse. Bei Tierbissverletzungen ist die Infektionsgefahr größer, wenn es sich um kleine Tiere handelt. Deren kleine und spitze Zähne können tief in das Gewebe eindringen und Bakterien in den Körper transportieren.

Handrückeninfektion („Phlegmone“) nach Katzenbissverletzung

Bei Bissverletzungen kommt die Aggressivität bestimmter Bakterienstämme hinzu. Hervorzuheben sind dabei Katzenbisse, zu einem wegen deren Häufigkeit, zum anderen wegen ganz besonderer hochaggressiver Bakterien im Katzenspeichel („Pasteurella multocida“). Hervorzuheben sind auch Verletzungen, die durch menschliche Zähne hervorgerufen werden, etwas durch das Eindringen eines Zahnes in die Haut des Handrückens beim Faustschlag.

Verletzungen bei der Gartenarbeit stellen ebenfalls eine häufige Ursache von Handinfektionen dar. Nicht selten sind dabei kleinere Fremdkörper, deren Eindringen nicht bemerkt wird oder die mit einfachen Mitteln nicht beseitigt werden konnten. Grundsätzlich gefährdet sind alle Verletzungen mit Gegenständen, die mit Bakterien kontaminiert sind. Hierzu gehören neben Garten- und Bissverletzungen Schnittverletzungen mit Gegenständen, die zuvor mit Fleisch oder Abfällen in Berührung waren.

Auch eine Operationswunde kann Ausgangsort einer bakteriellen Infektion sein. Das Risiko ist an der Hand gegenüber anderen Körperlokalisationen sehr klein. Umfangreiche hygienische Vorkehrungen auch bei kleinen Eingriffen an der Hand helfen, dieses Risiko so klein wie möglich zu halten.

Der Verlauf einer bakteriellen Infektion ist von mehreren Faktoren abhängig. Wesentliche Faktoren sind die Anzahl eingedrungener Bakterien, deren Aggressivität („Virulenz“), die Abwehrkraft des Organismus und nicht zuletzt die medizinische Behandlung.

Gegenüber Infektionen an anderen Lokalisationen bestehen bei Handinfektionen besondere Probleme durch die unmittelbare räumliche Nähe verschiedener anatomischer Strukturen. Sehnen und Sehnenscheiden ermöglichen eine rasche Ausbreitung der Infektion entlang deren Gleitschichten im Gewebe. Kommt es bei einer Verletzung zu einer Gelenkeröffnung, können sich Bakterien in Gelenkinneren ausbreiten und vermehren.

Bei der Heilung führen Verklebungen zwischen den beteiligten und dicht benachbarten Strukturen leicht zu Kontrakturen und Bewegungseinschränkungen.

Häufige Diagnosen

Häufigste bakterielle Infektion an der Hand ist die Infektion am Nagelwall („Paronychie“). Durch kleine Einrisse der Haut, oft bei der Nagelpflege, treten Bakterien ein. Nach anfänglicher Rötung kann es zu einer Eiterbildung („Einschmelzung“) am Nagelrand kommen.

Eine eitrige Fingerinfektion der Fingerkuppe entsteht durch kleine Hautverletzung und wird als „Panaritium“ bezeichnet. Es sind verschiedene Ausbreitungs- und Erscheinungsformen möglich: Neben der Infektion des Unterhautgewebes („Panaritium subcutaneum“) kann es zur Beteiligung von Sehnen und Sehnenscheiden („Panaritium tendineum“) sowie von Knochen („Panaritium ossale“) und Gelenken („Panaritium articulare“) kommen.

Unter einem „Abszess“ versteht man eine örtliche Eiteransammlung im Gewebe; als „Empyem“ bezeichnet man eine Eiteransammlung in einem Gelenk.

Unter einer „Phlegmone“ wird die Ausbreitung der Infektion in den Gewebsspalten bezeichnet. Besonders gefährlich ist die Ausbreitung entlang der Sehnengleitschichten („Sehnenscheidenphlegmone“).

Symptome

Die charakteristischen Symptome einer Infektion sind Schwellung, Rötung, Druckschmerz und eingeschränkte Funktion. Bei der Infektion einer offenen Wunde kommt es zu einer eitrigen Absonderung. Bei ausgeprägter Infektion können Allgemeinsymptome wie Temperaturanstieg und Krankheitsgefühl hinzukommen.

Notwendige Untersuchungen

Grundlage ist die körperliche Untersuchung der Hand. Laboruntersuchungen sind vor allem für die Beurteilung des Verlaufs oder zur Abgrenzung gegenüber rheumatischen und anderen nicht infektiösen Entzündungen (Gicht!) wichtig. Die Blutuntersuchung ergibt in schweren Fällen charakteristische Veränderungen (Blutsenkungsgeschwindigkeit, Zahl und Verteilung der weißen Blutkörperchen und weitere Parameter wie der CRP-Wert („C-reaktives Protein“).

Röntgenuntersuchungen können eine knöcherne Beteiligung nachweisen, manchmal auch einen Fremdkörper. Immer sind sie bei längerem Verlauf notwendig. In besonderen Fällen, insbesondere bei unsicherer Diagnose, sind Computertomografie, Sonografie und Kernspintomografie (MRT) hilfreich.

Behandlung

Eine Infektion der Hand kann im Anfangsstadium und in leichten Fällen nichtoperativ („konservativ„) behandelt werden. Bestandteile der konservativen Behandlung sind eine Ruhigstellung und eine Antibiotikagabe; kurzfristige Kontrollen sind notwendig. Die Gefahr der ausschließlich antibiotischen Behandlung besteht in einer Verschleierung der Symptome trotz weiterer Ausbreitung der Infektion. In ungünstigen Fällen wird hierdurch eine notwendige chirurgische Behandlung verzögert.

Im Regelfall muss eine eitrige Handinfektion frühzeitig operativ behandelt werden, deren weitere Entwicklung zu stoppen.

Bestandteile der operativen Behandlung sind die Eröffnung des Infektionsherds. Mit der Entfernung entzündeten Gewebes wird der Infektion der Nährboden entzogen. Zur Schaffung eines ausreichenden Sekretabflusses wird die Wunde nicht vollständig geschlossen. Können wichtige Strukturen wie Knochen oder Sehnen nicht ohne Spannung bedeckt werden, wird  ein Hautersatz verwendet und die Wunde in einem zweiten Schritt nach Rückgang der Infektion verschlossen.

Bei der Operation wird Material zur bakteriologischen Untersuchung gewonnen. Die vorhandenen Bakterien werden angezüchtet, die Wirksamkeit potentieller Antibiotika getestet.

Nicht alle Infektionen sind durch eiterbildende Bakterien verursacht. Liegt eine Sonderform vor, wird zusätzlich Material zur feingeweblichen Untersuchung eingeschickt.

Im Anschluss an die Operation wird eine antibiotische Behandlung durchgeführt. Diese kann mit Spritzen („intravenös“), Tabletten oder auch durch in die Wunde selbst eingelegte Antibiotikaträger durchgeführt werden. Die Wahl des Antibiotikums erfolgt nun nach Annahme des wahrscheinlich vorliegenden Bakterienstamms. Nach Eintreffen des Ergebnisses der bakteriologischen Testung kann die Behandlung dann durch die Wahl eines zielgerichteten Antibiotikums modifiziert werden.

Eine Schienenruhigstellung ist in der Anfangsphase bis zum Rückgang der Infektionszeichen hilfreich.

Im günstigen Fall wird die Infektion durch einen einzigen Eingriff und nachfolgende Antibiotikatherapie beherrscht. Bilden sich die Infektionserscheinungen nicht innerhalb von wenigen Tagen zurück, sind weitere Maßnahmen notwendig – in der Regel ein erneuter Eingriff, um noch vorhandene Infektionsherde auszuräumen. War beim Ersteingriff ein Verschluss der Haut nicht möglich und musste Kunsthaut verwendet werden, ist ein weiterer Eingriff notwendig. Infrage kommt eine direkte Naht, in schweren Fällen auch eine Hautverschiebung oder -transplantation.

Wesentlich für die Prognose ist neben der Schwere der Infektion der Zeitpunkt des Einsetzens einer Therapie. Eine frühest möglich einsetzende definitive Therapie ist wesentlich für die Verhinderung von Spätfolgen.

Sind die akuten Krankheitserscheinungen abgeklungen, wird mit der Bewegungstherapie begonnen.Je nach Schwere der Veränderungen kann es zu Bewegungseinschränkungen und schmerzhaften Narben kommen. In manchen Fällen sind spätere Korrekturen wie Narben- und Sehnenlösung notwendig.

Empfehlung

Eitrige Infektionen an der Hand sollen frühzeitig definitiv chirurgisch behandelt werden.


Letzte Aktualisierung: 8.1.2024