25. April 2024

Knochenentnahme und -transplantation

Das Knochengewebe stellt die Basis der mechanischen Stabilität des Körpers dar. Knochen besteht aus einem bindegewebigen Stützgewebe, in dem Kalksalz eingelagert ist. Im Inneren des Knochens befindet sich blutbildendes Knochenmark. Außen ist der Knochen von der Knochenhaut umgeben, die Blutgefäße heranführt. Zu den Gelenken hin ist er von einer Knorpelschicht überzogen. An verschiedenen Stellen treten Bänder und Sehnen in den Knochen ein. Mit ihren Fasern reichen sie in das bindegewebige Stützgewebe des Knochens hinein.

Knochenstruktur der Hand im Röntgenbild: Feine Knochenbälkchen („Spongiosa“) im Gelenkbereich und dicke Kortikalis im mittleren Drittel der länglichen „Röhrenknochen“)

Knochengewebe selbst ist als lebendiges Gewebe von Blutgefäßen durchzogen und laufenden Veränderungen unterworfen. Seine Struktur richtet sich nach der aktuellen Belastung aus. Im Gelenkbereich ist dies eine Druckbelastung. Im Schaftbereich finden sich Biegemomente durch die hier ansetzenden Bänder und Sehnen. Entsprechend ist die Knochenstruktur in verschiedenen Bereichen unterschiedlich. Im Gelenkanteil und bei den kleinen Knochen wie an den Handwurzelknochen ist geflechtartiger, aus feinen Bälkchen bestehender Knochen („Spongiosa„) ausgebildet. Die Knochenbälkchen nehmen die Kraft auf und verteilen sie auf eine größere Fläche. Längliche Knochen (Röhrenknochen) werden im mittleren Abschnitt vorwiegend auf Biegung beansprucht. Der Knochen besteht hier aus einer röhrenartigen Struktur mit einer hohen Dichte im Randbereich („Kortikalis„).

Bei verschiedenen Erkrankungen der Hand ist der Knochen betroffen. Hierzu gehören Frakturen, Tumore und entzündliche Veränderungen. Bei Frakturen und Tumoren kann es direkt zum Abbau von Knochengewebe kommen.

Operationsprinzip

Im Rahmen der chirurgischen Behandlung von knöchernen Defekten kann es notwendig sein, verloren gegangenen Knochen durch Knochengewebe anderer Lokalisation zu ersetzen. Geht es nur um den Ersatz des Knochengewebes, so wird Geflechtknochen („Spongiosa“) übertragen. Diese hat eine sehr hohe biologische Aktivität und ausgesprochen gute Heilungstendenz. In manchen Situationen ist eine primäre mechanische Festigkeit des übertragenen Knochens vor dessen Einheilung notwendig. Man verwendet hier nicht einen aus Geflechtknochen und umgebener kompakter Knochenhülle („Kortikalis“) bestehenden Block („Knochenspan“).

Knochenentnahme am Beckenkamm

In den meisten Situationen ist die Übertragung von Geflechtknochen (Spongiosa) die Methode der Wahl. Man kann diesen in ausreichender Menge aus verschiedenen Lokalisationen gewinnen. Der häufigste Entnahmeort für mittlere und größere Mengen von Knochengewebe ist der vordere Beckenkamm (Nicht: das Hüftgelenk!). Der Knochen hat hier eine feste äußere Kortikalis sowie einen nennenswerten Anteil von innen liegendem Geflechtknochen. Er kann chirurgisch entnommen und zum Erkrankungsort übertragen werden („Transplantation“). Am Entnahmeort wird er allmählich wieder nachgebildet.

Zur Operation gehört die Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung. Möglich ist eine Stabilisierung eines nicht verheilten gebrochenen Knochens oder die Ausräumung eines Knochentumors. Das Knochengewebe wird am Beckenkamm entnommen und in den Defekt transplantiert.

Vor der Operation

Zur Operationsbereitung gehört die Planung und Festlegung des Entnahmeorts für die Knochenverpflanzung. Kleinere Mengen von Knochengewebe kann er aus der körperfernen Speiche entnommen werden. Größere Gewebemengen werden dem vorderen Beckenkamm entnommen. Bei der Entnahme am Beckenkamm ist vor dem Eingriff zu prüfen, ob hier Narben oder Veränderungen bestehen.

Operationsverlauf

Zur Knochenentnahme wird über dem vorderen Beckenkamm wird ein kleiner, schräg verlaufender Hautschnitt angelegt. Das Unterhautfettgewebe wird getrennt. Kommt der Beckenkamm zur Darstellung, wird mit dem scharfen Knochenmeißel ein kleines Fenster gebildet und ausreichend Knochensubstanz entnommen. Die Wunde wird wieder verschlossen. In manchen Fällen kann es notwendig sein, eine Drainage einzulegen. Das geöffnete Knochengewebe am Becken ist gut durchblutet; nach der Operation kann es in der ersten Nacht zu einer Sickerblutung kommen.

Nach der Operation

Nach der Operation ist die Wunde am Beckenkamm ist mit einem Verband versorgt. Üblicherweise kann man bereits am Operationstag das Bett verlassen, auch wenn dies nicht ganz schmerzfrei ist. Der Sinn der frühen Mobilisierung besteht in einer Vorbeugung einer möglichen Beinvenenthrombose.

In den ersten Tagen ist das Gehen schmerzhaft, auch können Husten oder Anspannen der Bauchdecke mit Beschwerden verbunden sein. Die Beschwerden gehen innerhalb der ersten Wochen Schritt für Schritt zurück. Nach 10 Tagen werden die Fäden entfernt; anschließend ist Duschen oder Baden wieder möglich. Hinsichtlich der sportlichen Belastbarkeit hängt es davon ab, wie groß die Entnahmestelle am Beckenknochen ist.

Risiken und Komplikationen

Allgemeine Operationskomplikationen wie eine Wundheilungsstörung oder Infektion sind selten. Gelegentlich kann es zu einer Nachblutung aus dem eröffneten Knochen am Beckenkamm kommen.

Entlang des Beckenkamms verlaufen kleinere Hautnerven, die das Gefühl an der Außenseite des Oberschenkels vermitteln. In unglücklicher Situation kann ein solcher Nervenast beschädigt werden. Es kommt dann zu einer Gefühlsstörung entlang der Außenseite des Oberschenkels.

Insbesondere dann, wenn viel Knochengewebe entnommen wurde, kann es bei der Mobilisation zu einem Abriss eines für den Oberschenkel notwendigen Muskels an der Spitze der Beckenschaufel kommen. Dieser heilt im Regelfall von selbst wieder an. In solchen Situationen ist es möglich, dass über einen längeren Zeitabschnitt Beschwerden am Beckenkamm und beim Gehen und Laufen bestehen.

Die möglichen, mit der Knochentransplantation bestehenden Risiken hinsichtlich deren Einheilung sind für die unterschiedlichen Grunderkrankungen ganz verschieden und werden dort besprochen.

Letzte Aktualisierung: 25.4.2023