Eine Arthrose ist eine chronische Gelenkerkrankung mit allmählichem und fortschreitendem Verlust des Gelenkknorpels. Die häufigsten Arthroseformen an der Hand sind anlagebedingt und können in ihren Verlauf nur wenig beeinflusst werden.
Eine Arthrose ist primär eine Erkrankung des Gelenkknorpels. Das Knorpelgewebe lockert sich auf, die Knorpeldicke nimmt ab. Im Verlauf über Jahre kann es zum vollständigen Verlust des knorpeligen Überzugs der Gelenkfläche kommen. Die knöchernen Gelenkflächen werden an ihrer Oberfläche unregelmäßig. Zusätzlich zu den Unregelmäßigkeiten der Gelenkflächen bilden sich knöcherne Anbauten im Randbereich des betroffenen Gelenks. Möglich ist auch die Ausbildung kleinerer flüssigkeitsgefüllter Hohlräume („Knochenzysten“) unter der Gelenkfläche. Im fortgeschrittenen Stadium führen die knöchernen Veränderungen zu einer Deformierung des betroffenen Gelenks.
Zu den eigentlichen Veränderungen von Knochen und Knorpel kommt eine Reaktion der Gelenkkapsel und Innenhaut. Es entwickelt sich eine entzündliche Verdickung und es wird vermehrt Gelenkflüssigkeit gebildet. Die entzündliche Reaktion der Gelenkinnenhaut ist die Ursache für Schmerzen bei der Bewegung. In funktioneller Sicht führt die Arthrose zur zunehmende Bewegungseinschränkung bis eventuell zur Einsteifung.
Die häufigste Arthroseform an der Hand entwickelt sich ohne eine spezielle und bekannte Ursache. Es liegt eine besondere erbliche Veranlagung vor. Anfangs betroffen sind meist die Endgelenke der Finger („Heberden-Arthrose“), die Mittelgelenke der Finger („Bouchard-Arthrose“) das Daumensattelgelenk, und das Handgelenk im daumenseitigen Abschnitt. Ausprägung und Verteilung der betroffenen Gelenke sind dabei individuell sehr unterschiedlich. Man bezeichnet diese Arthroseform als so genannte „Polyarthrose“.
Eine solche Polyarthrose kann sich über Jahre hinweg ganz unbemerkt entwickeln. In vielen Fällen verläuft die Arthroseentwicklung nicht gleichmäßig, sondern in Entwicklungsschüben. Verlorener Knorpel wird nicht nachgebildet. Episodisch auftretende Arthroseschübe wechseln sich mit Latenzphasen ab. Bei einem solchen Arthroseschub treten akut Schmerzen und Gelenkschwellungen auf, die sich nach Ablauf des Schubs auch wieder graduell bessern können. Zwischen den Aktivitätsschüben können Phasen relativer Beschwerdearmut liegen. Allmählich nimmt die Bewegungseinschränkung des betroffenen Gelenks zu.
Durch Arthrose verursachte Gelenkschmerzen sind hinsichtlich ihres Verlaufs und ihrer Intensität individuell sehr unterschiedlich. Sie korrelieren auch nicht immer mit der Ausprägung der Veränderungen am betroffenen Gelenk. Meist nehmen sie im Verlauf der Arthroseentwicklung allmählich zu, jedoch nicht immer entsprechend dem Fortschreiten der Veränderungen. In manchen Fällen kann eine zunehmende Bewegungseinschränkung jedoch auch zu einem Rückgang der Schmerzen führen.
Neben der Polyarthrose als anlagebedingter Erkrankung kann sich eine Arthrose sekundär in der Folge definierter Erkrankungen des Bindegewebes oder mechanischer Veränderungen entwickeln. Hierzu gehören:
- Entzündliche Gelenkerkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis
- Stoffwechselerkrankungen wie Gicht und Pseudogicht
- Traumatische Veränderungen der Gelenkflächen
- Bestimmte bakterielle Infektionen
Bei den Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis handelt es sich um Veränderungen, bei denen sich die Immunabwehr gegen körpereigene Gelenkstrukturen richtet. Es kommt zunächst zur Gelenkentzündung („Arthritis“). Sekundär kommt es dann zur Knorpelschädigung und Arthrose. Zu diesen Erkrankungen gehört die eigentliche rheumatoide Arthritis. Sie betrifft an der Hand Sehnen und Sehnenscheiden sowie Hand- und Fingergelenke. Ebenfalls zu dieser Gruppe gehört die Gelenkentzündung bei Schuppenflechte („Psoriasisarthritis“). Die Gelenkveränderungen bei Psoriasis ähneln in ihren Spätstadien denen bei einer Polyarthrose: Häufig sind auch hier die Fingerendgelenke und das Daumensattelgelenk betroffen. Verschiedene reaktive Gelenkentzündungen ist die Ursache nicht vollständig geklärt- sie treten bei verschiedenen Bindegewebserkrankungen und auch bei Infektionen an anderer Körperstelle auf.
Eine weitere, nicht seltene Ursache der Arthroseentstehung sind Stoffwechselstörungen und besonders die Erhöhung der Harnsäure im Blut (Gicht, „Hyperurikämie“). Ein erhöhter Harnsäurespiegels führt zur Ablagerung kristalliner Harnsäure im Gewebe. Typisch bei einer Gicht sind akute entzündlichen Episoden („Gichtanfall“). Im weiteren Verlauf könne sich Arthrosen an betroffenen Gelenken entwickeln. Die Gelenke am Fuß sind am häufigsten betroffen. An der Hand kommt es – im Gegensatz zur Polyarthrose- eher zu Veränderungen an einzelnen Gelenken. Ähnliche Gelenkveränderungen findet sich bei einer sogenannten Chondrokalzinose (Pseudogicht, „Chondrokalzinose“). Hier kommt es zur Kalkablagerung im Knorpel der betroffenen Gelenke mit allmählicher Arthroseentwicklung. Auch an den Händen kann jedes Gelenk betroffen sein. Bei der Chondrokalzinose ähneln die Veränderungen denen einer Polyarthrose.
Wesentlich seltener als degenerative und entzündliche Erkrankungen spielen mechanische Faktoren eine Rolle bei der Arthroseentstehung. So können in Fehlstellung verheilte Knochenbrüche oder Gelenkverletzungen mit Bänderrissen zu einer Fehlbelastung des Gelenks in den betroffenen Abschnitten und damit zu einem verstärkten Abbau des Knorpels in diesen Bereichen führen. Bei Gelenkbrüchen kommt die direkte Schädigung des Knorpels bei der Verletzung als schädigendes Moment hinzu. Eine besondere Rolle bei der Arthroseentwicklung im Handgelenk spielen nicht verheilte Frakturen des Kahnbeins („Kahnbeinpseudarthrose“) oder ein Riss der Bandverbindung zwischen Kahnbein und Mondbein (SL-Band).
Eine echte mechanische Dauerbeanspruchung als Arthroseursache ist selten. Eine solche liegt nach lang dauerndem Gebrauch maschinengetriebener Werkzeuge (z. B. Presslufthammer) oder als Folge von niedrig-frequenten Vibrationen vor. Die Schädigung muss hier über Jahre hinweg auf die Hand einwirken; besonders ist davon das Handgelenk betroffen. Manche dieser Veränderungen sind als Berufskrankheit anerkannt.
Ausnahmsweise stellen bakterielle Gelenkinfektionen eine sehr seltene Ursache einer Arthrose dar. An der Hand können Bakterien bei offenen Verletzungen oder auch nach Operationen in den Gelenkinnenraum gelangen und hier direkt das Knorpel- und Knochengewebe angreifen. Noch seltener ist eine Übertragung über den Blutweg möglich.
Vorbeugung
Die Entwicklung der Polyarthrose der Gelenke an der Hand kann nicht vorgebeugt werden. Sowohl eine wirksame Vorbeugung als auch eine Beeinflussung des weiteren Verlaufes ist nur bei den Arthroseformen möglich, die durch eine bestimmte Ursache entstanden sind. Im Besonderen ist dies der Fall bei einer Gicht, einer rheumatischen Erkrankung und auch in gewissem Umfang – bei einer Schuppenflechte (Psoriasis). Hier steht die medikamentöse Behandlung der Grunderkrankung an erster Stelle. Ist die Arthrose durch eine Fehlstellung nach einer Fraktur oder einem Bänderschaden verursacht und ist diese Fehlstellung oder der Bänderschaden korrigierbar, kann eine frühe operative Korrektur die Entwicklung einer Arthrose vermeiden. Ist eine Arthrose bereits eingetreten, kann durch eine Korrektur in manchen Fällen der Verlauf verlangsamt werden.
Behandlung
Grundsätzlich können verloren gegangener Knorpel und Gelenkflächen nicht wieder aufgebaut oder regeneriert werden.
Auch kann die Entwicklung der Veränderungen am Gelenk durch Medikamente oder physikalische Maßnahmen nicht entscheidend beeinflusst werden. Ist eine Arthrose bereits eingetreten, zielt deren Behandlung auf die Linderung arthrosebedingter Beschwerden.
Arthrosebedingte Schmerzenentstehen nicht durch die Veränderung der Gelenkflächen selbst, sondern durch die Reaktion der Gelenkkapsel und –innenhaut („Synovialis“). Zahlreiche konservative (nichtoperative) Behandlungsverfahren zielen auf diese entzündliche Reaktion der Gelenkinnenhaut und können damit arthrosebedingte Schmerzen in unterschiedlichem Ausmaß mindern. Nicht immer ist deren Wirkungsweise bekannt und der Erfolg kalkulierbar. Zu den Verfahren gehören:
– Entzündungshemmende Substanzen (z.B. Kortison, nichtsteroidale Antirheumatika „NSAR“, wie Ibuprofen oder Diclophenac beeinflussen direkt die Entzündungsreaktion der Gelenkinnenhaut. Sie können entweder als Tablette („systemisch“) oder – bei Kortison – als Injektion direkt in das betroffene Gelenk verabreicht werden. Besonders wirksam ist eine solche Medikation bei akuten Arthroseschüben und auch bei entzündlichen Veränderungen oder einem Gichtanfall. Deren Wirkungsdauer ist sehr verschieden und auch von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Typisch ist auch der allmähliche Rückgang der Wirksamkeit im Verlauf der Krankheitsentwicklung. Eine längerdauernde systemische Anwendung sollte aufgrund der Medikamentennebenwirkungen vermieden werden.
– Das Einspritzen von künstlicher Gelenkflüssigkeit (Hyaluron) bessert arthrosebedingte Beschwerden für eine gewisse Zeit. Die Wirkung entspricht weitgehend derjenigen einer Kortisoninjektion in das Gelenk. Sie wird allmählich wieder abgebaut und der vorstehende Zustand stellt sich wieder ein.
– Eine Röntgenbestrahlung oder das Einspritzen radioaktiven Materials in das Gelenk („Radiosynoviorthese“, „RSO“) hat einen ähnlichen Wirkungsansatz wie die Anwendung entzündungshemmender Medikamente. Die Wirksamkeit ist individuell sehr verschieden und schlecht vorherzusagen.
Eine gezielte Gelenkbeübung im Rahmen von Physio- und Ergotherapie kann zu einer kurzfristigen Beschwerdelinderung führen. Sie birgt die Gefahr der Schmerzverstärkung.
Neben den beschriebenen konservativen Verfahren existiert eine große Zahl von alternativen Therapien, deren Wirkung medizinisch nicht erforscht und belegt ist.
Operative Maßnahmen kommen in Betracht, wenn konservativ keine ausreichende Besserung erreicht wird. Ein Grund für eine operative Maßnahme ist die Notwendigkeit einer dauernden Medikamenteneinnahme mit deren entsprechenden Nebenwirkungen und Risiken. Operative Maßnahmen folgen ganz unterschiedlichen Ansätzen.
An verschiedenen Gelenken ist es möglich, im Rahmen eines kleineren operativen Eingriffes ausschließlich schmerzleitende Nervenfasern aus operativem Weg zu durchtrennen. Durch die als Denervation bezeichnete Methode resultiert eine graduelle Schmerzlinderung, die einige Jahre anhalten kann. Das Gefühl und die Motorik der Hand bleiben bei dieser Methode unbeeinflusst. Die Denervation hat sich besonders bei Arthrosen des Handgelenks bewährt.
Unter einer Arthroplastik versteht man die Neubildung eines Gelenks. (Der Ausdruck „Plastik“ bezeichnet lediglich eine Neubildung, nicht das Einsetzen von Kunststoff). Bei einer Resektionsarthroplastik werden erkrankte Anteile der Gelenkfläche entfernt. Die Beweglichkeit bleibt erhalten, die Stabilität wird in der Regel leicht gemindert. An der Hand hat sie sich insbesondere am Daumensattelgelenk bewährt. Wie auch nach einer Arthrodese ist das Ergebnis definitiv und eine Verschlechterung im weiteren Verlauf nicht zu befürchten. Ein prothetischer Gelenkersatz ist durch das Einsetzen eines Silicon Spacers und inzwischen auch durch die Verwendung einer echten Gelenkprothese möglich. Gut etabliert ist der Gelenkersatz aus Silikon („Swanson-Spacer“). Dieser wird an der Hand seit vielen Jahren erfolgreich besonders bei rheumatischen Erkrankungen der Fingergrundgelenke angewendet und eignet sich auch zur Behandlung der Polyarthrose der Fingermittelgelenke. Die beschädigen Gelenkflächen werden herausgetrennt und die Lücke mit dem Silikonzapfen überbrückt. Die Schmerzen werden hiermit weitgehend beseitigt, die Beweglichkeit bleibt, wenn auch eingeschränkt erhalten.
Echte künstliche Gelenke mit Ersatz der verändertenGelenkflächen („Endoprothese“) existieren seit einigen Jahren. Gegenüber einem Spacer aus Silikon ist die Stabilität besser als nach dem Einsetzen eines Silicon Spacers. Nach vielen Entwicklungsjahren haben jetzt Prothesen für den Ellenkopf, das Daumensattelgelenk und die Mittelgelenke der Langfinger den Weg in die Anwendung in bestimmten Situationen gefunden. Die Haltbarkeit ist gegenüber den Prothesen an Hüft- und Kniegelenken geringer, sollte aber inzwischen mehrere Jahre betragen.
Die Versteifung („Arthrodese“) eines arthrotischen Gelenkes führt in einem Schritt zur Beseitigung arthrosebedingter Schmerzen bei erhaltener Stabilität um den Preis des Verlustes der Beweglichkeit des betroffenen Gelenks. An der Hand findet sie hauptsächlich am Handgelenk und an den Endgelenken der Finger ihre Anwendung.
Was eine solche Versteifung in funktioneller Sicht im Einzelfall bedeutet, kann man vor einem Eingriff simulieren. Wird das Gelenk mit einer Schiene oder einem Tapeverband stabilisiert, entspricht dieser Zustand zumindest für die Dauer des Tragens der Schiene demjenigen, der bei der Versteifung operativ herbeigeführt wird. Man kann es quasi „ausprobieren“, bevor eine endgültige Entscheidung gefällt wird. Auch kann man so die Stellung, in der das Gelenk immobilisiert werden soll vor einem eventuellen Eingriff festlegen.
Empfehlung
Vor dem Beginn einer Arthrosetherapie sollten stets eine exakte Diagnose der vorliegenden Veränderungen und ihrer Ursache erfolgen.
Gicht, Rheuma und Schuppenfechte können ursächlich behandelt werden.
Viele konservative Therapieformen führen in unterschiedlichem Grade zur Schmerzlinderung.
Mit einer operativen Behandlung können die Schmerzen im jeweils betroffenen Gelenk adressiert werden. Die Gesamtentwicklung der Arthrose in den übrigen Gelenken wird hierdurch nicht beeinflusst.
Letzte Aktualisierung: 4.8.2024