21. Dezember 2024

Osteosynthese des Speichenbruchs

Druckversion als PDF

Ist ein Speichenbruch stark verschoben und ist das Handgelenk oder das Gelenk zwischen Elle und Speiche betroffen, kann die Fehlstellung  operativ korrigiert werden. Die Fragmente werden mit einer  oder bei komplizierten Brüchen mit  mehreren kleinen Metallplättchen fixiert.

Operationsprinzip

Der gebrochene Anteil der Speiche wird über einen Hautschnitt geöffnet. Die Fragmente werden eingerichtet (reponiert). Zur Fixierung werden kleine Titanplatten verwendet. Besteht eine komplizierte Fraktursituation, können zusätzliche Kraftträger wie zusätzliche Metallplättchen, kleine Schrauben oder Metallstifte angebracht sein.

Bruch der handgelenksnahen Speiche an typischer Stelle; rechts versorgt mit einer Titanplatte

Vor der Operation

Über das Verhalten vor der Operation wurde mit dem Anästhesisten gesprochen, im Besonderen über Medikamente und Essen und Trinken am OP-Tag. Hautveränderungen im OP-Bereich und am zu operierenden Arm sollten dem Operateur bekannt sein.

Der Operateur muss wissen, ob Missempfindungen (Kribbeln, „Ameisenlaufen“) an den Fingerspitzen erinnerlich sind, entweder vor der Verletzung oder auch vor der Operation. Es könnte Ausdruck eines Karpaltunnelsyndroms sein. Es würde zusätzliche Maßnahmen im Rahmen des Eingriffs erfordern.

Betäubung

Für die Operation ist eine vollständige Betäubung des Armes bis zur Schulter erforderlich. Grund hierfür ist neben dem Eingriff selbst die Notwendigkeit der Verwendung der Blutsperre oder Blutleere. Auch ist zur Reposition der Fraktur eine Muskelentspannung vonnöten. Erreicht wird dies mit einer Armbetäubung oder einer Vollnarkose.

Bei der Armbetäubung („Plexusanästhesie“) wird das Narkosemittel in die Achsel in die Nähe der Armnerven eingespritzt. Man kann wach bleiben; die Risiken einer Vollnarkose werden vermieden. Eine solche „Plexusbetäubung“ kann mit einem Schlaf- oder Beruhigungsmittel (z. B. „Propofol“) kombiniert werden, ohne dass dies mit einer vollständigen Narkose gleichkommt. Die Wirkungsdauer einer Armbetäubung ist stark vom verwendeten Mittel abhängig und kann bis zu 12 Stunden anhalten.

Blutleere

Zur Operation ist eine Blutfreiheit erforderlich. Hierzu wird der Arm mit einer Binde gewickelt und am Oberarm eine Stauungsmanschette angelegt. Der Druck bleibt bis zum Wundverschluss bestehen. Eine solche Blutleere kann für mindestens zwei Stunden aufrecht erhalten werden, ohne Schäden im Gewebe zu verursachen. Dies wird akribisch kontrolliert. Bei länger dauernder Operation wird die Manschette nach 2 Stunden geöffnet. Schäden im Gewebe durch die Blutleere sind damit nicht zu befürchten.

Eingriff

Der Hautschnitt liegt über der tastbaren Sehne am beugeseitigen Unterarm vor dem Handgelenk. Die Gewebeschichten unter der Haut werden getrennt, über der Speiche gelegene Muskulatur von dieser abgeschoben. Das Einrichten der Fragmente erfolgt über direkte Manipulation. Das Ergebnis wird provisorisch, meist mit Metallstäben (Kirschner-Drähte“) fixiert. Vor der definitiven Stabilisierung wird eine Röntgenkontrolle noch im OP durchgeführt. Ist die Fragmentstellung noch nicht zufriedenstellend, sind jetzt noch Korrekturen möglich.

In den meisten Fällen wird dann die Fraktur mit einer kleinen vorgebogenen Metallplatte von der Beugeseite aus fixiert. Bei modernen Implantaten ist der Winkel der Schrauben zur Platte starr und ändert sich nach deren Eindrehen nicht mehr („winkelstabil“). In manchen Fällen ist eine ausreichende Stabilisierung mit einer einzigen Platte jedoch nicht ausreichend. Man muss dann die Haut an anderer Stelle (meist an der Streckseite) öffnen und eine zweite, gegebenenfalls auch dritte Metallplatte zur Stabilisierung anwenden. Immer wird eine abschließende Röntgenkontrolle in mehreren Ebenen durchgeführt.

Stimmt alles, wird die Blutleere geöffnet und kleinere Blutungen werden gestillt. In der Regel wird eine Drainage eingelegt, die mit einem Unterdruckgefäß verbunden wird („Redon-Drainage“). Sie nimmt das Sickerblut auf, das sich in den nächsten Stunden in der Operationswunde bildet. Nach der Operation werden ein Verband und eine Schiene angelegt.

Nach der Operation

Die Regel ist eine Übernachtung im Krankenhaus am Operationstag. Der Arm wird auf einem Kissen gelagert. Regelhaft kommt es zu einer gewissen Schwellung im Wundgebiet am Unterarm. Es kann notwendig sein, am Abend den Verband zu lockern Es werden ausreichend Schmerzmittel verabreicht. Gibt es ein Problem, kann man im Krankenhaus darauf reagieren. Sind sie zu Hause, sollte Kontakt zum Operateur aufgenommen werden. Am Folgetag noch im Krankenhaus wird der Verband gewechselt. Die Drainage wird gezogen, die Schiene wieder angelegt. Typischerweise kann man das Krankenhaus dann verlassen.

Nach 10 Tagen werden die Fäden gezogen. Wie es weitergeht, hängt vom Frakturtyp und der Stabilität der Osteosynthese ab. Ist die Fraktur mit der erfolgten Versorgung „übungsstabil“ kann die Schiene abgenommen und das Handgelenk selbst bewegt werden. Je nach Stabilitätsgrad ist kann es sein, dass eine längere Schienenruhigstellung nötig ist. Dies legt der Operateur im Einzelfall fest und gibt die Nachbehandlung vor.

Übungen

Am Anfang besteht immer eine Bewegungseinschränkung. Betroffen hiervon sind die Drehung des Unterarms und die Bewegung des Handgelenks. Bei schwerer Schwellung und bei Heilungskomplikationen können auch Daumen und Finger betroffen sein. Ganz allmählich kommt die ursprüngliche Beweglichkeit zurück, unterstützt durch das aktive Übungsprogramm.

Zur Wiederherstellung der Beweglichkeit kann eine Übungsbehandlung hilfreich sein. Wann damit begonnen wird und mit welcher Intensität sie durchgeführt werden kann, ist fraktur- und versorgungsabhängig und wird vom Operateur festgelegt. Grundsätzlich gilt, dass am Anfang aktiv (man bewegt selbst) und erst nach erfolgter Knochenbruchheilung passiv (man drückt von außen) bewegt wird.

Die eigentliche Knochenheilung ist nach ca. 3 Monaten abgeschlossen. Der Verlauf hinsichtlich der Funktion kann sehr unterschiedlich sein. In günstiger Situation kann man nach dem Ziehen der Fäden mit der Bewegung anfangen. bei komplizierter Fraktur ist doch die Stabilität der Versorgung geringer; eine längere Schonung ist notwendig.

Risiken und Komplikationen

Allgemeine Operationsrisiken wir eine gravierende Wundheilungsstörung oder Infektion sind wie bei anderen Handoperationen selten.

Die Operation ist ein technischer Vorgang mit technischem Komplikationsmöglichkeiten. Nicht immer gelingt es, die Fragmente exakt einzurichten und stabil zu fixieren. Auch kann es im Heilverlauf zu einer Lockerung des Materials und Veränderung der Fragmentstellung kommen.

Der Karpaltunnel befindet sich in unmittelbarer Nähe. Ein so genanntes Karpaltunnelsyndrom kann durch die fraktur- und auch operationsbedingt eingetretene Schwellung entstehen. Ein Taubheitsgefühl an den Fingern kann die Folge sein und erfordert dann weitere Maßnahmen.

Aussichten

In den meisten Fällen wird die Form der frakturierten Speiche rekonstruiert und die Funktion wiederhergestellt.  Ein Fragmentverschiebung kann zurückbleiben, trotz Röntgenkontrollen während des Eingriffs. Dies hängt sehr stark mit der Art der Fraktur zusammen und kann nicht immer vollständig vermieden werden.

Auch können Sehnenschäden durch das Material selbst eintreten, häufiger bei nicht optimaler Materiallage, auch bei technisch perfekt abgelaufener Operation. Diese entwickeln sich in den Monaten nach dem Eingriff; eine Materialentfernung kann dieses Risiko vermeiden.

Letzte Aktualisierung: 5.12.2024